New York mag die höchsten Wolkenkratzer besitzen, L.A. protzt mit Star-Power und Las Vegas lässt Zockerherzen höher schlagen – doch in Washington, D.C. wird die ganz große Politik des Landes gemacht. Das regt die Fantasie an: Kaum eine andere Stadt der USA ist so präsent auf der Leinwand wie die Hauptstadt im District of Columbia. Egal ob Science-Fiction Filme wie Independence Day oder Polit-Serien wie House of Cards: Washington, D.C. ist omnipräsent in der weltweiten Popkultur. Hier befindet ihr euch im Zentrum der amerikanischen Macht und gleichzeitig im Herzen der nationalen Zivilreligion. An jeder Ecke thronen bedeutungsschwere Denkmäler, die vom Glanz und den Tragödien einer Supermacht zeugen.
Unweit des Potomac River erstreckt sich die National Mall – kein Einkaufszentrum, sondern ein 4 Kilometer langer Park, in dem die wichtigsten politischen Bauten der USA stehen: das Capitol, das Weiße Haus und der oberste Gerichtshof. Hier unternehmt ihr auf der Monument Road einen Streifzug durch die Amerikanische Geschichte. Gleichzeitig beherbergt die National Mall einige der bedeutendsten Museen des Landes: Weithin sichtbar dank seiner gewagten Architektur ist die National Gallery of Art, ein Mekka für Kunstkenner. Alles über Tiere und Pflanzen aus der ganzen Welt erfahrt ihr im National Museum of Natural History Doch damit ist die Auswahl noch lange nicht erschöpft: Egal ob afroamerikanische Geschichte, Indianische Kultur, fernöstliche Kunst, Journalismus, Spionage oder Bildhauerei – es gibt kaum ein Thema, zu dem es in Washington, D.C. kein Museum gibt. Und das Beste: In den meisten Museen ist der Eintritt komplett kostenlos.
Habt ihr euch an den Monumenten und Museen satt gesehen, solltet ihr einmal den Sprung über den Potomac wagen. Dort befindet sich Arlington Cemetary, der bedeutendste Friedhof des Landes. Etwas weiter südlich ragt das Pentagon auf, in dem das US-Verteidigungsministerium sitzt. Die meisten Touristen konzentrieren sich auf die National Mall. Lässt man Capitol, White House und co. jedoch einmal links liegen, eröffnet sich eine ganz andere Seite D.C.s: Nicht nur für Besucher, die mit dem Zug anreisen, lohnt sich die Washington Union Station, der vor Marmor glänzende Hauptbahnhof. Liebhaber moderner Kunst sollten zum Dupont Circle fahren, und wer auf der Suche nach gepflegter Abendunterhaltung ist, wird im John F. Kennedy Center for the Performing Arts glücklich.
Etwas östlich der Stadt erstreckt sich das United States National Arboretum, ein 446 Hektar großer Botanischer Garten mit Pflanzen aus aller Welt, und Wanderfreunde verbringen sorgenfreie Stunden in der malerischen Natur von Theodore Roosevelt Island. Besonders Familien mit Kindern sind im Smithsonian National Zoological Park mit seinen tausenden Tierarten und süßen Pandas genau richtig. Auch hier kostet euch der Eintritt nichts. Die Navigation in Washington, D.C. ist denkbar einfach. Die Stadt ist perfekt schachbrettartig angelegt und bei weitem nicht so vertikal wie andere Großstädte der USA. Alle Straßen tragen Buchstaben und Nummern – ein idiotensicheres System. Die National Mall könnt ihr gut zu Fuß erkunden, weitere Strecken legt ihr mit der effizienten Metro zurück. So kommt ihr schnell zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Mindestens zwei Tage solltet ihr euch trotzdem Zeit nehmen, um dieses Zentrum amerikanischer Politik in allen Facetten kennenzulernen.
Denkmäler en masse
Eine Zeitreise durch die amerikanische Geschichte vom 19. bis ins 20. Jahrhundert unternehmt ihr auf der Monument Route. Der Weg führt um den Tidal Basin-See südlich der National Mall herum. Los geht es beim Thomas Jefferson Memorial, einem klassizistischen Säulenbau, in dem die Statue des 3. US-Präsidenten über Besucher wacht. Moderner präsentiert sich das Roosevelt-Memorial mit seinen Steinquadern und künstlichen Wasserfällen. Nach einem kurzen Abstecher zum Martin Luther King-Gedenkpark und dem Korean War Memorial geht es zum wohl bedeutendsten Monument des Parks: Das Lincoln Memorial lockt Besucher mit einer 6 Meter hohen Statue des Präsidenten. Von den Stufen des Monuments genießt ihr einen beeindruckenden Blick über die Reflecting Pools bis zum Capitol. Einer der emotionalsten Orte der USA befindet sich weiter östlich: Im schwarzen Granit des Vietnam Veterans Memorial sind die Namen aller 58.261 Soldaten eingraviert, die im Vietnamkrieg gefallen sind. Für viele Amerikaner, die Angehörige in diesem Krieg verloren haben, stellt das Monument heiligen Boden dar – respektvolles Benehmen ist also angebracht. Die Monument Route nimmt locker 2 Stunden in Anspruch und verlangt euren Schuhsohlen Einiges ab. Der Rundgang lohnt sich jedoch, denn die Monumente und Gedenkstätten werden euch mit zahlreichen Eindrücken und Emotionen zurücklassen – Staunen, Ehrfurcht, vielleicht auch Verwunderung angesichts des immensen Patriotismus, der hier zur Schau gestellt wird. Ob man diesen gut oder schlecht findet – der amerikanische Nationalgeist lässt sich nur wirklich verstehen, wenn man diesen symbolträchtigsten Ort des Landes besucht hat.
Das höchste Steinbauwerk der Welt
Dieses Monument zu Ehren des ersten US-Präsidenten gehört zu den markantesten Wahrzeichen der National Mall – kein Wunder, handelt es sich bei dem 169 Meter hohen Obelisken doch um das höchste Steinbauwerk der Welt. Das Washington Monument bildet das ungefähre Zentrum der Mall und befindet sich auf der Achse zwischen Capitol Hill und dem Lincoln Memorial. Das Bauwerk spiegelt nicht nur die Liebe der Amerikaner zu George Washington wieder – kein Gebäude der Hauptstadt darf höher sein – sondern auch die Querelen zwischen verschiedenen Interessensgruppen: Erst 1885, ganze 40 Jahre nach Baubeginn, wurde das Monument, dessen Form von Freimaurer-Symbolik inspiriert ist, offiziell eingeweiht. Bereits von unten wirkt der weiße Marmorturm, der von US-Flaggen umringt wird, spektakulär. Wie hoch er wirklich ist, steht ihr am besten bei einer Fahrt nach oben. Mit einem kleinen Aufzug geht es zur Spitze des Washington Monuments, wo ihr die wohl schönste Aussicht auf die Hauptstadt genießt und euren Blick weit über die National Mall und den Potomac schweifen lasst. Lediglich Fotos sind hier schlecht möglich, da die Scheibe spiegelt. Der Eintritt ist kostenlos, wenn ihr euer Ticket am Tag eures Besuchs abholt. Das ist aufgrund der Besuchermassen jedoch unrealistisch. Am besten ihr reserviert euer Ticket telefonisch oder online, was euch lediglich 1,33 Euro kostet. Die beste Sicht auf den Obelisk habt ihr vom Lincoln-Monument aus. Von dort könnt ihr eindrucksvoll beobachten, wie sich das Washington Monument in den Reflecting Pools spiegelt.
Politik pur
Das Parlamentsgebäude der Vereinigten Staaten sollte eure erste Anlaufstelle auf der National Mall sein, denn es befindet sich unweit des Hauptbahnhofs von Washington, D.C. Der perfekt symmetrische Säulenbau mit der ikonischen Kuppel wurde 1823 erbaut und war nach dem Weißen Haus das erste größere Bauwerk der Hauptstadt. Hier tagen der US-amerikanische Kongress und der Senat. Eine Führung durch die ehrwürdigen Hallen gehört zu den Dingen, die ihr unbedingt machen müsst, wenn ihr in Washington, D.C. seid. Die Führung kostet euch keinen Cent, ihr müsst euch lediglich rechtzeitig online registrieren. Dann geht ihr zum unterirdischen Besucherzentrum, wo ihr einer Tour zugeteilt werdet. Nach einer kurzen Filmvorführung gelangt ihr in die Krypta, der letzten Ruhestätte von George Washington. Danach folgt schon das absolute Highlight der Tour: Das Innere der Kuppel protzt mit einem Deckengemälde, das den ersten US-Präsidenten umringt von den 13 Gründerstaaten darstellt. Die ehemaligen Räumlichkeiten des Obersten Gerichtshofs gehören zu den ältesten Gebäudeteilen und in der National Statuary Hall werden die Büsten der berühmtesten Landeskinder ausgestellt. Ein Rundgang durch die alte Senatskammer rundet die Führung ab. Jetzt fragt ihr euch wahrscheinlich: Und was ist mit den modernen Parlamentssälen? Eine Besichtigung von Senat und Congress ist in der regulären Capitol-Tour leider nicht enthalten. Tagen die Kammern, habt ihr trotzdem die Möglichkeit, eine Sitzung mit zu verfolgen. Dafür wendet ihr euch an die House and Senate Appointment Desks des Besucherzentrums. Bei den 3–5 Millionen Besuchern, die das Capitol jedes Jahr besuchen, solltet ihr euch jedoch nicht all zu hohe Chancen ausmalen.
Ein Friedhof als Touristenattraktion
Der wichtigste Nationalfriedhof der USA befindet sich westlich des Potomac, ungefähr 2 Kilometer vom Lincoln Memorial entfernt. Streng genommen liegt er nicht mehr in Washington, D.C., sondern im Bundesstaat Virginia. 252 Hektar, also 352 Fußballfelder groß ist der Friedhof, der 1864 errichtet wurde. Hier wurden während des Amerikanischen Bürgerkriegs Gefallene der Nordstaaten beerdigt – eine Ironie, wenn man bedenkt, dass das Land davor dem Südstaaten-General Robert E. Lee gehört hatte. Doch der Sezessionskrieg sollte nicht der letzte Konflikt sein, der die Gräber auf dem Arlington Cemetary füllte. Heute hat jeder Soldat und Veteran der US-Streitkräfte das Recht, hier bestattet zu werden. 5400 Beerdigungen werden auf dem Friedhof jährlich durchgeführt. Daneben befinden sich hier das Grab des unbekannten Soldaten des Ersten Weltkriegs und sein Counterpart für unbekannte Gefallene des Zweiten Weltkriegs. Denkmäler existieren auch für Gefallene des Korea- und des Vietnamkriegs. Ein wichtiger Besuchermagnet ist das Grab von John F. Kennedy mit der ewigen Flamme. Doch auf dem riesigen Gelände könnt ihr noch viel mehr Grabmäler und Gedenkstätten sehen. Arlington Cemetary ist ein eindrucksvoller, oft auch bedrückender Ort, der für viele Amerikaner große emotionale Bedeutung hat. Die Grabsteine, die in Reih und Glied die gepflegte Grünfläche säumen, mahnen an die Tragik des Krieges und ehren die Männer und Frauen, die in ihnen starben. Der Besuch ist kostenlos, ebenso wie die Führung, auf der ihr wertvolle Informationen über den Arlington Cemetary erhaltet.
Nicht immer hochklassig
An Sport-Teams, die in den Nationalliegen mitmischen, herrscht in Washington, D.C. wahrlich kein Mangel: Zu den berühmtesten Mannschaften gehören die Washington Redskins, eines der finanzstärksten American Football-Teams der USA. Die Rothäute spielen in der riesigen FedExField-Arena, die 82.000 Fans beherbergen kann. Die Stimmung bei einem ausverkauften Heimspiel kann nur als phänomenal bezeichnet werden, selbst für nicht Football-Fans. Allerdings befindet sich das Stadion nicht in D.C., sondern im benachbarten Maryland und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mühsam zu erreichen. Ein Auto empfiehlt sich also für den Besuch. Typisch amerikanisch: Vor dem Anpfiff darf das Tailgating, die Grillparty auf dem Parkplatz, nicht fehlen. Wer eher auf Baseball steht, sieht sich ein Spiel der Washington Nationals im National Parks-Stadion an. Die Sportstätte liegt malerisch am Ufer des Potomac und lässt sich bequem mit der Metro erreichen. Karten sind bereits für 5 USD zu haben, nur die Essenspreise sind unverschämt teuer. Am erfolgreichsten ist die Hauptstadt im Ice Hockey – holten die Spieler der Washington Capitols doch 2018 den begehrten Stanley Cup. Die Kicker von D.C.United gehören zu den erfolgreichsten Fußball-Teams des Landes – nicht dass dies viele Amerikaner interessieren würde. Daneben besitzt die Hauptstadt mehrere Basketball-, Lacrosse- und Rugby-Teams – so ist für Sportliebhaber aller Couleur in Washington, D.C. etwas dabei.
Das Zuhause der mächtigsten Person der Welt
Kein Präsidentenpalast ist so bekannt wie dieses klassizistische Gebäude im Norden der National Mall. Das Weiße Haus ist nicht nur der offizielle Amts- und Regierungssitz der USA, sondern auch der Wohnsitz des Präsidenten. Und dieser ist wirklich zu beneiden: 132 Räume besitzt das Weiße Haus, darunter 35 Badezimmer, 8 Treppenhäuser, einen Swimmingpool, einen Tennisplatz, ein eigenes Kino, eine Bowlingbahn und seit der Amtseinführung Barack Obamas auch ein Basketballfeld. Der East Room wird für Empfänge, Konzerte und Pressekonferenzen genutzt und im zweiten Stock befindet sich die Privatwohnung des Präsidenten. Der wohl bekannteste Raum ist das Oval Office. In diesem Büro trifft Mr. oder Mrs. Präsident die wichtigsten Entscheidungen. Eine Enttäuschung vorweg: Das Weiße Haus lässt sich nur mit sehr guten Beziehungen besichtigen, vor allem als Ausländer. Selbst US-Amerikaner müssen oft monatelang warten. In jedem Fall läuft der Antrag über die Deutsche Botschaft in Washington, D.C., einfach so vorbeischneien ist also nicht. Zumindest könnt ihr das Gebäude von außen betrachten, der Anblick ist jedoch eher unterwältigend. 200 Meter vor dem Weißen Haus werdet ihr von einem Zaun ausgebremst. Von dort wirkt das meist fotografierte Gebäude der Welt doch eher mickrig. Dafür könnt ihr um den Zaun herumlaufen und das Weiße Haus aus allen Blickwinkeln betrachten. Fazit: ein tagesfüllendes Programm bietet das Haus des mächtigsten Staatschefs der Welt nicht. Hingehen solltet ihr trotzdem, einfach nur um es gesehen zu haben. Im Dezember thront unweit des Weißen Hauses ein riesiger Weihnachtsbaum, der schon aufgrund seiner Hässlichkeit einen Abstecher wert ist.