Island – das ist eine Insel aus Feuer und Eis, geboren von vulkanischen Kräften, die noch heute die Landschaft formen. Reykjavik ist das politische und kulturelle Zentrum Islands, doch die ursprüngliche, wilde Seite der Insel wartet im Hinterland. Dort ist die Bevölkerungsdichte so spärlich, dass ihr stundenlang fahren könnt, ohne einen anderen Menschen zu sehen. Bizarre Felsformationen, Vulkankrater, dampfende Seen und reißende Flüsse bilden eine einzigartige Landschaft voller Überraschungen. Die ganze Insel wird von einer Ringstraße umzogen. Was läge also näher, als sich ein Auto zu schnappen und einen Roadtrip durch Islands weite Landstriche zu unternehmen? 1.339 Kilometer ist sie lang, die Straße Nr. 1; gut zu bewältigen in 7–10 Tagen. Natürlich könnt ihr auch mehr Zeit einplanen, denn die Liste an grandiosen Naturschätzen ist auch abseits der Hauptstraße lang. Die Nordküste Islands ist perfekt, um Seelöwen zu beobachten, zum Beispiel in Hvítserkur. Doch auch wenn ihr die Robben nicht zu sehen bekommt, lohnt sich ein Besuch allein schon wegen der Küstenlandschaft mit ihren majestätischen Felsen. Richtung Osten fahrt ihr vorbei am Skigebiet Hlíðarfjall und dem 1200 Meter hohen Vulkan Súlur. Danach geht es weiter nach Bakkagerði, einem Hundert-Seelen-Dorf mit schmucken Holzhäusern. Unter dem markanten Felsen Álfaborg verbirgt sich einer Legende zufolge der Sitz der Elfenkönigin. Der Osten Islands ist für seine besonders schöne Küstenstraße bekannt, und Wanderwege entlang der Steilfelsen bieten die Gelegenheit, unzählige Meeresvögel wie die süßen Papageitaucher zu beobachten. Weiter südlich lockt das Fischerdorf Höfn Besucher mit dem größten Gletscher Europas. Bereits das Wandern auf dem Eiskoloss, der 8% der Landzunge bedeckt, ist ein Erlebnis. Seine wahre Pracht entfaltet der Gletscher jedoch unter der Oberfläche. Auf einer Tagestour könnt ihr euch unter sachkundiger Führung abseilen und die blau schimmernden Eishöhlen mit ihren Flüssen aus Schmelzwasser bestaunen. Eine 2 Millionen Jahre alte Touristenattraktion ist die Fjaðrárgljúfur-Schlucht. Zwei Kilometer lang und stellenweise bis zu 100 Meter hoch sind die steilen Felswände, die entstanden, als sich das Gletscherwasser tief in den Fels grub. Ganz in der Nähe bietet der schwarze Vulkanstrand von Reynisfjara mit seinen Basaltformationen einen surrealen Anblick.
Natürlich will so ein Roadtrip an Islands Küste gut geplant sein. Das fängt bei der Wahl des Gefährts an. In den Sommermonaten bewältigt ein herkömmlicher Mietwagen die Ringstraße leicht, im Winter werdet ihr mit einem Allrad-Fahrzeug aber glücklicher. Überhaupt ist eine Winterreise durch Island vor allem erfahrenen Reisenden zu empfehlen, denn die Wetterverhältnisse sind viel extremer als in Deutschland. Egal zu welcher Jahreszeit: Tankstellen können vor allem im dünn besiedelten Osten schon einmal weit auseinander liegen. Am besten habt ihr deshalb immer einen Reservekanister dabei. Wer nicht mit dem Wohnmobil unterwegs ist, muss sich um eine Übernachtung vor Ort kümmern. Zum Glück stehen entlang der Ringstraße viele verschiedene Unterkünfte bereit, zum Beispiel Hostels, Bungalows, Bed & Breakfast Hotels und Campingplätze. Die Preise schwanken jedoch zwischen Haupt- und Nebensaison extrem. Von Juni bis September kann die gleiche Unterkunft um die Hälfte teurer sein. Auch buchen solltet ihr in der Ferienzeit rechtzeitig.
Auch für Nicht-Reiter faszinierend
Das raue Klima Islands verlangte nicht nur den Menschen der Insel alles ab. Auch die Vierbeiner mussten sich auf die klimatischen Extreme einstellen. Ergebnis Jahrhunderte langer Züchtung sind die Islandpferde – robuste, kompakte Tiere mit dichtem Winterfell, treue Begleiter und äußerst überlebensfähig. Kein Wunder, verbringen die Pferde doch den Großteil ihres Lebens freilaufend auf den Hochlandweiden Islands. Tieren, die einmal die Insel verlassen haben, ist - zur Vermiedung von Krankheiten - eine Rückkehr untersagt. 78.000 Exemplare soll es auf der Insel geben. Von daher kann es gut passieren, dass ihr bei euren Ausflügen auf der Ringstraße auf frei lebende Herden stoßt. Die Neugier der Islandpferde macht so eine Begegnung zu einem echten Highlight. Von ihrer geringen Größe – höchstens 1,50 Meter Schulterhöhe – sollte man sich nicht täuschen lassen. Sie können auch erwachsene Reiter problemlos tragen. Und die kompakten Kraftpakete haben einen Trick auf Lager: Sie beherrschen den „Tölt“, eine bequeme Gangart ohne große Erschütterungen für den Reiter. Somit kommen auch unerfahrene Pferdefreunde bei einem Ausritt auf einem der zahlreichen Gehöfte Islands auf ihre Kosten.
Gletscherlagune im Süden
Wenn ihr auf der südöstlichen Ringstraße unterwegs seid, könnt ihr über den größten Gletschersee Islands fahren. Der Jökulsárlón ist gleichzeitig das tiefste Gewässer der Insel und speist sich aus dem Vatnajökull-Gletscher. Besonders bekannt ist die Lagune durch ihre bis zu 15 Meter hohen Eisberge, die in blauem Glanz erstrahlen – ein interessanter Kontrast zum dunklen Steinstrand, besonders wenn die weißen Riesen in der Sonne funkeln. Der Spitzname „Diamond Beach“ kommt nicht von ungefähr. Andere Eisberge weisen aufgrund vulkanischer Asche-Ablagerungen eine schwarze Färbung auf. Eine gute Möglichkeit, die bizarr geformten Kolosse aus der Nähe zu sehen, ist eine Bootsfahrt auf dem Gletschersee. Dabei zeigt euch euer Tourguide Eisstücke, die bis zu 1.000 Jahre alt sind. Diese könnt ihr sogar probieren – das Wasser ist absolut rein. Mit etwas Glück könnt ihr im Wasser Seelöwen erspähen. Daneben lädt die Lavalandschaft des Vatnajökull-Nationalparks zu ausgedehnten Wanderungen ein – besonders im Frühling, wenn die Hochlandblumen erblühen. Der Eisstrand selbst ist ein beliebtes Ziel für Touristen, die dort Selfies vor den Eisbergen machen. Eine weniger besuchte Alternative und genau so schön ist die kleinere Eislagune Fjallsarlon, nur wenige Autominuten entfernt.
Der Himmel tanzt
Polarlichter, auch Aorora borealis genannt, entstehen, wenn elektrische Teilchen aus dem Sonnenwind auf Stickstoff- und Sauerstoff-Atome in der Erdatmosphäre treffen. Meistens sind die tanzenden Lichter grün, sie können jedoch auch eine purpurne, rote, orange oder blaue Färbung annehmen. Die Lichter kommen nur am Polarkreis vor, was Island zum perfekten Ort macht, um dieses Himmelsphänomen zu bewundern. Von September bis Ende April könnt ihr die Polarlichter mit etwas Glück zu Gesicht bekommen – klarer Himmel und ausreichend Dunkelheit vorausgesetzt. Zum Glück gibt es im Internet Polarlicht-Vorhersagen, auch als App für das Smartphone. Diese sind jedoch nur für ein oder zwei Tage zuverlässig. Um eure Chancen zu erhöhen, bietet sich eine Reise in den Norden Islands an, wo die Nächte länger sind als im Süden. Eine Übernachtung auf einem Campingplatz fernab störender Lichter bietet die Chance, besonders gut sichtbare Polarlichter zu erleben. Oder ihr bucht eine geführte Polarlichter-Tour, auf der euch Experten zu den besten Orten für die Aorora borealis bringen. Ein guter Veranstalter wird euch kostenlos eine zweite Tour anbieten, falls ihr beim ersten Mal keine Polarlichter gesehen habt.
Nördliches Design - inspiriert von der Natur
Seit 1100 Jahren ist Island besiedelt. Doch die Insel am Polarkreis stellt keinen einfachen Lebensraum dar. Der Mangel an tragfähigem Material wie Backsteinen verhinderte den Bau überdauernder Gebäude. Die Menschen mussten sich etwas einfallen lassen, um trotzdem auf der unwirtlichen Insel zu überleben. Die Vikinger errichteten auf Island Langhäuser aus Holz, die sie aus ihrer Heimat kannten. Ein solches könnt ihr euch im Freilichtmuseum Eiríksstaðir ansehen. Dort bekommt ihr auch vorgeführt, wie der Alltag der Vikinger vor 1000 Jahren aussah. Langhäuser verbrauchten mehr Holz, als auf der spärlich bewachsenen Insel zu finden war. Darum etablierte sich die Bauform des Torfhofs, dessen Wände aus aufgeschichteten flachen Steinen bestehen. Zur Wärmeisolation wurden diese mit Torf und Gras verkleidet, was ihren die charakteristische Gestalt verleiht. Besonders schöne Torfhäuser seht ihr im Museumshof Glaumbær an der Nordküste. Dort könnt ihr auch einen Blick ins Innere der im 19. Jahrhundert errichteten Bauernhäuser werfen. Erst im 18. Jahrhundert fingen die Isländer an, langlebige Gebäude aus Stein zu errichten. So etwa die Kirche von Thingeyrar, eine der ältesten der Insel. Im 19. Jahrhundert kamen Holzhäuser in Fertigbauweise hinzu, die in Einzelteilen aus Norwegen importiert wurden. Erst im Zuge der Industrialisierung wurden Beton und später Stahl und Glas als Baumaterialien verwendet.
Zahlreiche Wassergewalten
Tausende Wasserfälle gibt es in Island. Sie sind das Produkt des reißenden Schmelzwassers, das sich von den Gletschern einen Weg durch die zerklüftete Vulkanlandschaft der Insel bahnt. Rohe Naturgewalt erlebt ihr beim Dettifoss, dem größten Wasserfall Islands. Kein anderer Wasserfall Europas besitzt mehr Power. Der Dettifoss liegt im Nordosten der Insel und ergießt sich tosend in eine 100 Meter tiefe Schlucht. Eine asphaltierte Straße macht den Besuch des Ungetüms zur unkomplizierten Angelegenheit. Eine Legende rankt sich um Godafoss, den Götterwasserfall. Angeblich soll ein isländischer Gesetzsprecher hier die letzten heidnischen Götterbilder in den Fluss geworfen haben. Der Wasserfall ist nicht besonders hoch, bietet aber mit seinen 158 Metern Breite ein beeindruckendes Panorama. Neu angelegte Wanderpfade bringen euch zu den schönsten Fotospots. Nicht verstecken braucht sich Svartifoss, der Schwarze Wasserfall im Süden mit seinen unwirklichen Basalt-Formationen. Und wenn ihr einmal hinter einen Wasserfall blicken wollt, müsst ihr zum Seljalandsfoss im Süden fahren. Hier könnt ihr euch gefahrlos hinter den hinabstürzenden Wassermassen bewegen. Doch auch wenn ihr nicht nass werden wollt, bieten der Seljalandsfoss und das üppig grüne Hochland einen unvergesslichen Anblick. Daneben existieren unzählige kleine Wasserfälle. Ein Hauptgrund, warum ihr auf eurer Rundreise durch Island immer wieder Stopp machen und den Fotoapparat auspacken werdet.
Island: 103.000 km², rd. 30 aktive Vulkane
Mehr als 300 Vulkane haben zur Entstehung Islands beigetragen und einige davon könnt ihr heute noch bestaunen. 100 Kilometer von der Stadt Akureyri entfernt liegt der Vulkan Hverfjall, der 452 Meter in die Höhe ragt. Den Kraterrand erreicht ihr in nur 1,5 Stunden über einen Wanderweg. Dort oben bekommt ihr eine gute Vorstellung von den zerstörerischen Kräften, die den Krater schufen. Der Hverfjall ist inaktiv. Sehr lebhaft dagegen zeigte sich 2010 der Eyjafjallajökull. Der Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen spuckte eine 1.000 Meter hohe Rauchwolke und legte damit den gesamten europäischen Flugverkehr lahm. Heute ist der launenhafte Riese im Süden Islands eine beliebte Touristenattraktion. Der Aufstieg zur Ausbruchsstelle dauert 8 Stunden und ist nur erfahrenen Wanderern zu empfehlen. Diese können dort immer noch die warme Erde unter ihren Füßen spüren. Den Beinamen „Tor zur Hölle“ trägt der Hekla-Vulkan im Südwesten Islands. Der Aufstieg ist nicht schwierig, jedoch solltet ihr aufgrund der Höhenlage von 1491 Metern warme Kleidung anziehen. Der Hekla ist immer noch aktiv und unberechenbar, Ausbruchswarnungen sind also unbedingt zu beachten. Wer seine Vulkanbesteigung mit einem Bad verbinden möchte, ist beim Vulkan Askja im nordöstlichen Hochland richtig – heiße Thermalquellen machen es möglich.
Nasenklammer mitbringen
Sie wirken wie eine außerirdische Mars-Landschaft, die Schwefelfelder von Námaskarð im Norden Islands. Der brodelnde Schlamm und der Geruch fauler Eier verraten deutlich, was sich hier unter der Erde abspielt. Das Gebiet zählt zu den aktivsten vulkanischen Feldern der Erde. Bis ins 19. Jahrhundert wurde hier Schwefel abgebaut, ein Geschäft, das die Einwohner der nahen Stadt Reykjahlíð reich machte. Heute locken die lebensfeindlichen Schwefelfelder Urlauber an, die sich an der Farbenpracht der dampfenden Landschaft erfreuen. Der Schwefelgeruch ist gewöhnungsbedürftig, trägt aber zur endzeitlichen Atmosphäre dieser Hexenküche bei. Naturfreunde kommen nicht nur bei den Schwefelfeldern auf ihre Kosten. Etwas weiter westlich lädt das malerische Ufer des Sees Myvatn zu Wanderungen ein. Doch Vorsicht: Myvatn bedeutet „Mückensee“, und dieser Name ist Programm. Die Insekten können vor allem in den Sommermonaten zu einer echten Plage werden. Zum Glück könnt ihr euch in den Tankstellen rund um den See mit Mückennetzen ausrüsten. Fans der Serie „Game of Thrones“ kommen um einen Besuch der bizarren Lavafelsen von Dimmuborgir und der Grotte Grjótagjá nicht herum – beides Originalschauplätze des Fantasy-Epos. Und wer sich dafür interessiert, wie die Isländer ihre Energieversorgung decken, sollte einen Abstecher zum Thermalkraftwerk Krafla machen.
Sehr viel Beton
Akureyri ist mit 20.000 Einwohnern die wichtigste Stadt im Norden Islands und lockt Besucher mit interessanten Museen und seinem Botanischen Garten. Hauptattraktion ist jedoch die Akureyrarkirkja, eine Evangelisch-Lutherische Kirche, die 1940 erbaut wurde. Sie thront auf einem Hügel unweit der Stadtmitte und ist mit ihren markanten Zwillingstürmen weithin sichtbar. Nicht zufällig erinnert die kantige Architektur des Gotteshauses, das nachts stimmungsvoll beleuchtet wird, an die Basaltformationen vor Islands Küste. Einiges gibt es im hellen Innenraum der Kirche zu bewundern: Der international anerkannte Bildhauer Ásmundur Sveinsson schuf die Reliefs, und kunstvolle Buntglasfenster erzählen die Geschichte der Christianisierung Islands. Von der Decke hängt ein Segelschiff im Miniaturformat – Hommage an die Vergangenheit der Insel als Seefahrernation. Die Orgel mit ihren 3200 Pfeifen stammt aus Oettingen in Bayern. Ein Besuch lohnt sich unbedingt, wenn ihr in Akureyri seid. Schon allein, weil ihr von der Kirche einen herrlichen Ausblick auf den Hafen habt. Seine Pforten öffnet das Gotteshaus morgens um 10:00 Uhr.